Warum sollte die AUA nicht Züge von Linz nach Wien Schwechat anbieten?

WirtschaftsBlatt

Zwischen Bangkok und Wien gibt es zum Flieger keine wirkliche Alternative. Zwischen Amstetten und Wien gewinnt die Bahn jede Wette. Linz-Wien ist eine andere Frage. Für die AUA ist die Strecke ein reines Verlustgeschäft. Ohne Subventionen fliegt gar nichts. Trotzdem geht es dreimal täglich hin und her. Schließlich dreht es sich um den Wirtschaftsstandort Linz — behauptet zumindest die Politik.

An einem frühen Morgen von Linz aus zu fliegen, ist ein surreales Erlebnis. Es geht natürlich nicht ab Linz, sondern ab Hörsching. Dorthin findet man via Pasching, zwischen Feldern, vorbei an ein paar Vierkantern, und dann links. Einmal angekommen, erwartet einen ein einziger Metalldetektor und dahinter ein einziges Café. Der Kaffee wird trotzdem zu Weltstadtpreisen serviert.

Financial Times. Den Kaffee genießen ein paar teuer bekleidete Mittzwanziger mit Blackberries und Louis Vuitton-Schals. Berater. Dahinter sitzt ein etwas erhabener Mittfünfziger und liest die Financial Times. Diese hat er aus Linz mitgebracht. Am Flughafen Hörsching gibt es sie nicht. Die restlichen Fluggäste scheinen in Urlaubsstimmung zu sein. Heute Abend geht’ s noch nach Barcelona und Bangkok, via München und Wien.

Hochnebel. In beide Städte dauert der Flug kaum zwanzig Minuten. Das heißt, er dauert kaum zwanzig Minuten in der Luft. Mit dem unumgänglichen Flughafenprozedere werden im Flugplan mindestens doppelt so viele Minuten einkalkuliert. Ein- und Aussteigen, und es sind mindestens sechzig. Sicherheitskontrolle, etwas Zeitpolster für den Paschinger Frühverkehr, die obligatorische Abkommandierung dreißig Minuten vor Abflug, und schon sind es zwei Stunden — zweieinhalb mit ein bisschen Hochnebel.

Linz-Wien mit der Bahn: zwischen glatten neunzig und 107 Minuten, je nachdem, ob in Amstetten Station gemacht wird. Warum fliegt also zwischen Hörsching und Schwechat überhaupt jemand?

Ein Grund ist Brauchtum. Als fünfundzwanzigjähriger Managementberater hat man eben seine Gewohnheiten. Ein weitaus wichtigerer Grund ist, dass Wien für Linzer oft nicht die Endstation ist, und nach Bangkok gibt es eben aus Hörsching keinen Direktflug.

Die AUA macht das Ganze zusätzlich schmackhaft. Linz-Bangkok kostet um 20 € mehr als Wien-Bangkok. Das kann sich nicht rechnen. Aber die AUA-Kalkulation läuft darauf hinaus, dass Linz-Bangkok gar nicht anzubieten noch mehr kosten würde, nicht zuletzt an oberösterreichischen Landessubventionen. Es wäre schließlich schlimm, falls es den einen oder anderen Linzer anstatt nach Phuket nach Puchenau verschlagen würde.

Pünktliche ÖBB. Wie wäre es mit einer Flugreise innerhalb Österreichs ohne Pilot? Die AUA verkauft das Ticket. Der Schaffner zwickt es.

Billiger ist es allemal, bequemer auch. Trotz Bauarbeiten und sonstiger Verzögerungen sind Züge immer noch um einiges pünktlicher und vorhersagbarer als Flugzeuge. Wenn der Schaffner in Linz das Ticket scannt, weiß in Wien die AUA schon, ob der Passagier den Anschlussflug nach Bangkok schafft. Beim Einchecken in Hörsching ist das weniger klar.

Die Vorhersagbarkeit der Bahn bedeutet auch, dass selbst ein nach Bangkok reisender Tourist keine drei Stunden vor Abflug mehr am Flughafen sein muss. Es gewinnen AUA, ÖBB — und die Passagiere.

Peking-Amstetten. Es gibt keinen Grund mehr, warum alle Flugtickets in Linz oder Wien beginnen müssen. Warum sollte ich nicht Amstetten-Bangkok genauso zentral, bequem und billig buchen können? Oder als Geschäftsreisender Peking-Amstetten?

Gedruckt im WirtschaftsBlatt am 27. Dezember 2010.

Postskript: Ab Dezember 2014 gab es tatsächlich Züge von Linz bis zum Flughafen Wien.