Seit 23 Jahren lebt Umweltökonom und Harvard-Absolvent Gernot Wagner in den USA. Als Forscher ist er für eine CO2-Bepreisung.
Von Norbert Oberndorfer
Einen denkwürdigen Tag markierte der 17. September 1998 für den gebürtigen Amstettner Gernot Wagner: Frisch maturiert vom Bundesgymnasium Amstetten lauschte er in seiner ersten Studienwoche an der US-Elite-Universität Harvard einem Vortrag des damaligen UNO-Generalsekretärs Kofi Annan. „Das Thema war ‚Globale Politik und Weltfrieden’“, erinnert er sich. Mit ihm im Hörsaal saß die junge Gynäkologie-Studentin Siri Nippita – seine heutige Ehefrau, die er vier Monate später am Campus kennenlernte und 2002 heiratete.
Damit war für Wagner schnell klar: Er bleibt längere Zeit in den USA. An diesem September-Tag lernte er auch seinen späteren Co-Autor Martin Wedman kennen. Gemeinsam publizierten sie 2016 das Buch „Klimaschock – die extremen wirtschaftlichen Konsequenzen des Klimawandels“. Der Bestseller wurde von der Financial Times als eines der besten 15 Wirtschaftsbücher des Jahres 2015 auserkoren und ist auch Österreichs Wissenschaftsbuch 2017. Der Vorname seines erstgeborenen Sohnes – Annan – erinnert ihn lebenslang an diesen speziellen Tag.
Schon in seiner Schulzeit hat Wagner ein Jahr in den Staaten verbracht. „Ich wollte mein Englisch verbessern. Ursprünglich wollte ich nach England, aber eine Woche kostete dort so viel wie ein Semester in den Staaten“, erzählt er. Wagner legte eine steile akademische Karriere hin: Harvard, Stanford, Columbia. Seit 2019 hält er eine Professur für Umweltwissenschaften an der renommierten New York University. Außerdem berät er die Millionenmetropole New York in Umweltfragen.
Neben seiner Forschung mit Geo-Engineering, dem Eingriffen mit technischen Mitteln um die globale Erderwärmung abzubremsen, publiziert und lehrt Wagner zu Klimawandel, Umwelt und Wirtschaft. Er plädiert für eine CO 2 -Bepreisung. „Es geht darum, fehlgeleitete Marktströme in die richtige Richtung zu lenken“, sagt Wagner.
Ein Stück Heimat: Jindraks Linzer Torte
Heute lebt Wagner mit seiner Familie In Manhattan, in einer raum-, klima- und energieeffizienten 70m2-Wohnung. Arbeit, Schule, Park, Waschsalons, Klettergerüste – alles im 15-Minuten-Radius erreichbar. „Ich liebe die Stadt und das sehr effiziente Stadtleben“, sagt der Umweltökonom. Gern verbringt er auch Familien- und Urlaubszeit in Österreich.
Seine Eltern versorgen die New Yorker Familie regelmäßig mit versandten Linzer Torten von Jindrak. „Mindestens vier Mal pro Jahr, zu unseren Geburtstagen.“ Das Hochzeitsgeschirr ist aus Gmundner Keramik, Wein wird aus Riedel-Gläsern getrunken. „Heimat ist für mich immer Niederösterreich. Zuhause bin ich aber hier in Amerika“, sagt Wagner.
Zur Person
Gernot Wagner (40) ist gebürtig aus Eggersdorf/Amstetten und ist Ökonom und Autor. Seit 1998 lebt er in den USA. Nach einem Schul-Austausch in New York mit 16 studierte er später in Harvard und Stanford. Er arbeitete unter anderem für die Financial Times, die Boston Consulting Group und die Umweltorganisation EDF. Sein neues Buch heißt „Stadt, Land, Klima – Warum wir nur mit einem urbanen Leben die Erde retten.“
“Gernot Wagner: Marktströme in richtige Richtung lenken,” Norbert Oberndorfer, NÖN, 10. März 2021.
Weiteres NÖN-Gespräch: „Speckgürtel belasten Klima“, 24. Juni 2021.