Gespräch mit Lukas Wieselberg, science.ORF.at
Was die Klimaerwärmung pro Jahr genau kostet, ist schwer zu beziffern, sagt der Klimaökonom Gernot Wagner von der New York University. Aber: „Es ist verdammt viel, viele Billionen. Aber es geht nicht nur um die Dinge, die wir berechnen können. Es geht v.a. um die Extreme, die wir beobachten. Aktuell etwa die Dürre in Madagaskar, Überschwemmungen von New York bis Neuseeland. Die meisten dieser Ereignisse sind noch nicht in den Kosten-Nutzen-Rechnungen miteinbezogen.“
25 Euro pro Tonne „extrem niedrig“
In den USA liegt der SSC unter der Biden-Regierung bei 51 Dollar pro Tonne CO2, der Ausstoß von noch klimaschädlicherem Methan und Distickstoffmonoxid ist noch weit teurer. Bis Jänner 2022 soll der Preis in den USA auf neuesten wissenschaftlichen Grundlagen neu berechnet werden – und dürfte auf mindestens das Doppelte steigen (nachdem er unter der Trump-Regierung, die dem Klimawandel kaum Bedeutung zumaß, bei einem Dollar lag).Hierzulande wird der CO2-Preis aktuell im Rahmen der von der türkis-grünen Regierung geplanten Steuerreform diskutiert. Zuletzt wurde ein „Einstiegspreis“ von 25 Euro pro Tonne kolportiert. „Das ist extrem niedrig“, wie der Klimaökonom Gernot Wagner einschätzt. „Es gibt sehr viele Ungewissheiten bei den Berechnungen. Aber selbst mit den Dingen, die wir berechnen können, kommen wir auf einen Preis von mindestens 100 Euro. Und dann gibt es vieles, was wir nicht berechnen können, wo wir nur die Richtung wissen, aber es nicht quantifizieren können. Das würde den Preis noch viel höher machen.“
Es braucht Steuern und Steuerung
Die Botschaft des Klimaökonomen Gernot Wagner an die Politik ist klar: Es müsse jetzt gehandelt werden. Auf Österreich gemünzt heißt das etwa: „eine ökosoziale Steuerreform mit deutlich höheren CO2-Preisen. Zugleich könnten andere Steuern gesenkt werden, allen voran die Einkommenssteuer.“ Wichtig sei es auch, die soziale Komponente nicht zu vergessen. „Eine ökosoziale Steuerreform wäre sehr progressiv, denn es sind die Reichen, die mehr Energie verbrauchen und CO2- verursachen“, so Wagner. „40 Prozent der ärmsten Österreicher haben kein Auto, das trifft auf die wenigsten der Reichen zu.“Wichtig seien auch Steuerungsmaßnahmen in der Regional- und Kommunalpolitik: weg vom Ausbau der Speckgürtel und hin zu urbanen Zentren mit weniger Verkehr. „Es gibt Kosten, die wir derzeit nicht einbeziehen“, so Wagner. „Jeder Parkplatz in Wien kostet uns allen viel mehr als jene bezahlen, die den Parkplatz auch tatsächlich benutzt, das sind externe Kosten.“ Das Phänomen könne man zwar mit Steuern und Preisen „richten“. Es ginge neben Steuern, aber auch um Steuerung – etwa keine neuen Straßen für Autos zu bauen, sondern „Straßen für Radfahrer und Fußgänger zu öffnen, das ist auch Klimapolitik.“