Top-Forscher aus USA klopft in Tirol an: „Trump will die Wissenschaft zerstören“
Interview mit Max Strozzi
Der österreichische Klimaökonom Gernot Wagner lehrt und forscht an der Columbia University in den USA. Gegenüber der TT schildert er die aktuell schwierige Situation in den USA und warum auch er überlegt, nach Europa zurückzukehren und sich für eine Gastprofessur in Innsbruck beworben hat.
Innsbruck – Klimaökonom Gernot Wagner ist einer der vielen Top-Forscher in den USA, die überlegen, angesichts der Trump-Attacken nach Europa zu kommen. Für ihn wäre auch die Uni Innsbruck eine Option.
Herr Wagner, die aggressive Politik von US-Präsident Donald Trump bekommen auch zahlreiche Elite-Universitäten zu spüren, sofern sie sich nicht seinen Vorstellungen unterwerfen. Wie ist derzeit die Stimmung bei Ihnen an der Columbia University in New York?
Gernot Wagner: Die Ungewissheit ist groß. Denn wir wissen alle, was unter dieser US-Regierung auf dem Spiel steht. Es geht letztlich um die Abschaungder Demokratie. Und immer mehr Menschen sprechen es inzwischen auch laut aus.
Angesichts der Attacken gegen US-Universitäten machen sich europäische Länder Honungen, US-Wissenschaftler nach Europa zu holen. Denken Sie daran, die USA zu verlassen?
Wagner: Ja und nein. Rund drei Viertel der Akademiker und Universitäts-Professoren überlegen, nach Europa auszuwandern. Natürlich denke auch ich darüber nach. Gleichzeitig frage ich mich auch, ob ich vom Problem wegziehen oder dazu beitragen soll, hier vor Ort die Probleme zu lösen.
Wäre Tirol bzw. die Universität Innsbruck eine Option für Sie?
Wagner: Ja, ich denke darüber nach. In meinem Beruf als Klimaökonom gäbe es genug zu tun. Ich habe mich daher auch für eine Gastprofessur in Innsbruck beworben und es wäre fantastisch, sollte es klappen. Ich könnte mir auch vorstellen, dauerhaft nach Europa umzuziehen, ohne meine US-Staatsbürgerschaft aufzugeben. Ein Problem ist allerdings, dass meine Frau als Gynäkologin in Österreich nicht praktizieren darf.
Ihre Universität, die Columbia University in New York, war eine der ersten, die dem Druck und den Forderungen von US-Präsident Trump nachgegeben haben. Wie finden Sie das?
Wagner: Aus meiner Sicht war es von der Columbia University ein Fehler zu sagen, wir verhandeln mit der US-Regierung. Ich weiß genug über die österreichisch-deutsche Geschichte, um zu wissen, dass man mit solchen Leuten – manche sagen Tyrannen – nicht verhandeln soll oder kann.
Trump will die Wissenschaft zerstören. Es geht um Faktenfreiheit, um die Zerstörung der Forschungsfreiheit – das ist das Playbook der Rechten überall auf der Welt. Nur ein Beispiel von vielen: Trump wurde wegen Inflation und
Migration gewählt – es wurden dabei aber dezidiert Lügen verbreitet. Sein Vorgänger Joe Biden hat in Sachen Migration oder Inflationsbekämpfung mehr getan als Trump in seiner ersten Amtsperiode oder jetzt in seiner zweiten.Die Eliteuniversität Harvard stemmt sich gegen den Druck aus dem Weißen Haus und klagt nun sogar.
Wagner: Harvard setzt mit seinem Widerstand ein großes Zeichen, das ist fantastisch. Sie verklagen die Regierung. Sie haben etwa auch innerhalb von 24 Stunden ihre gesamte Webseite umgestellt und zeigen dort nun auf, wie wichtig Bildung und Ausbildung für die Gesellschaft ist und was geschieht, wenn Forschung nicht mehr gefördert wird.
Glauben Sie, dass der Widerstand gegen die aggressive Politik der Trump-Regierung wächst?
Wagner: Der Widerstand beginnt. Vor rund drei Wochen waren Hunderttausende Menschen auf der Straße. Und zwar auch in erzkonservativen Hochburgen wie etwa in Utah – das ist schon ein ziemlich starkes Signal.
Sind Sie selbst in Ihrem Forschungsbereich nun als Folge der Trump-Politik und der Streichung von Förderungen Einschränkungen unterworfen?
Wagner: Nein, ich selbst habe keine Restriktionen oder persönliche Einschränkungen. Das hängt aber auch damit zusammen, dass ich derzeit keine Förderungen seitens der Regierung beziehe. Meine „Climate Knowledge Initiativeclimate knowledge initiative“ – also sozusagen mein Labor – wird mit rund einer Million Dollar pro Jahr gefördert. Allerdings kommt kein Cent davon aus Regierungstöpfen.
Gernot Wagner
Der gebürtige Niederösterreicher ist ein austro-amerikanischer Klimaökonom. Seit 2022 unterrichtet und forscht der 45-Jährige an der Columbia Business School der Columbia University. Wagner studierte an der Harvard University Umweltwissenschaften, Politikwissenschaften und Wirtschaft und schloss das Bachelorstudium mit magna cum laude ab. Es folgten ein Master in Wirtschaft an der Stanford University sowie ein Masterabschluss und eine Promotion in politischer Ökonomie und Umweltwissenschaften in Harvard. Für mehr: gwagner.com