Wiener Zeitung: „Urbanität als Klimarettung“

Leitartikel von Thomas Seifert

Der Konflikt zwischen Stadt und Land als Mutter aller Steuerschlachten.
Die Verteilung von Lasten und Entlastungen ist die Mutter aller wirtschaftspolitischen Schlachten: Bei jeder Steuerreform tobt dieser Streit. Eine Konfliktlinie sticht bei dieser besonders ins Auge: jene zwischen Stadt und Land. Die ÖVP hat alles unternommen, um der Bevölkerung auf dem flachen Land (das in Österreich größtenteils alles andere als flach ist) nicht allzu viel zuzumuten. Denn die ÖVP-Wählerinnen und -Wähler leben auf dem Land und nicht in der Stadt.

[…]

Österreich liegt mit nur 58,75 Prozent Stadtbevölkerung – was den Urbanisierungsgrad betrifft – weit abgeschlagen an fünftletzter Stelle in der Europäischen Union (hinter Polen, doch vor Kroatien, Slowenien, Rumänien und der Slowakei). Für eine der reichsten Volkswirtschaften der EU ist dies ein Anachronismus. Die Landflucht aus den Dörfern in die Ballungszentren nimmt auch in Österreich an Fahrt auf. Das ist gut fürs Klima, denn dichtere Siedlungsformen bedeuten auch weniger Boden- und Ressourcenverbrauch. Und Urbanisierung ist die Basis für wirtschaftliche und soziale Dynamik. Es stimmt schon: Dieses Thema ist zu “groß”, als dass man es mit einer Steuerreform abhaken könnte. Wie der austro-amerikanische Klimaökonom Gernot Wagner in seinem jüngsten Buch “Stadt, Land, Klima” ausführt, liegt ein Schlüssel zur Rettung des Klimas in einem urbanen Lebensstil. Die Debatte ist eröffnet.

Der Leitartikel von Thomas Seifert erschien in der Wiener Zeitung am 4. 10. 2021 unter dem Titel „Urbanität als Klimarettung“.

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